Ausgewählter Beitrag

Der Teufel sitzt im Detail

Sam ist eigentlich eine taffe junge Frau, die voll Freude und Lust im Leben steht - einziges Manko, sie ist ängstlich (zumindest empfindet sie es selbst so)

Sam wohnt mit ihrer Familie, 3 Jungs und ihrem Ehemann, auf einem Austragshof, etwas ab vom Leben. Herrlich, diese Ruhe und der weite Blick ohne Häuserfronten, Strassen und dem dazugehörigen Lärm. Grundsätzlich fühlt Sam sich mächtig wohl auf ihrem Hof, wenn da nicht die regelmässigen Reisen ihres Mannes wären.

An solchen Tagen, besser gesagt Abenden, ist Sam voller Unruhe und Ängstlichkeit.

Es war wieder soweit. Sams Ehemann mußte über Nacht weg und sie war mit ihren Kindern alleine zu Hause. Wie immer, nachdem die Kinder im Bett waren, machte sie ihren Rundgang, schloss alle Türen und Fenster, rüttelte an ihnen um sich zu vergewissern, dass alles wirklich verschlossen war. Nur dann konnte sie einigermassen "beruhigt" schlafen gehen.

Als Sam im Bett lag und endlich kurz davor war, ins Reich der Träume hinüberzugleiten, wurde sie von einem undefinierbarem Getöse aufgeschreckt. Der Lärm durchzuckte sie, und im selben Moment fiel ihr ein: Sie hatte vergessen die Garagentüre abzuschliessen.

FAHRRADDIEBE - schoss es ihr durch den Kopf.

Sams Schlafzimmer war oben im ersten Stock, die Kinder hatten ihre Schlafräume unten im Erdgeschoss.
"Was soll ich tun? Soll ich hinunterschleichen und nachsehen - oder mich im Schlafzimmer einschliessen - nein, eine Mutter schliesst sich nicht vor lauter Angst ein. Mein Gott, wenn das gar keine Fahrraddiebe sind.... sondern..  MÖRDER!! DIE KINDER! Nein, nein, lass es Fahrraddiebe sein.. ich werde ganz ruhig hier sitzen und ein wenig warten, ich darf nicht gleich das Schlimmste annehmen." Sie verharrte für Sekunden, als sie ein erneutes Geräusch vernahm: Die Verbindungstüre zwischen Garage und Erdgeschoß schlug auf und wieder zu.

OH NEIN - SIE SIND IM HAUS!!! WIEVIELE MÖGEN ES SEIN?

Weitere kostbare Minuten verstrichen - so ca. 3 - Sam kam zu dem Entschluß, dass eine Mutter sich tapfer stellen mußte und öffnete die Schlafzimmertüre. Sie wollte sich dem oder den MÖRDERN stellen. Wie eine Löwin würde sie ihre drei Jungs und sich verteidigen. Sie sollten kein leichtes Spiel haben und sie im Schlaf erwischen.

Sie mußte in die Schlafzimmer ihrer Kindern, denn wie würde es aussehen, wenn sie eingeschlossen oben in ihrem Schlafzimmer aufgefunden werden würde - die Kinder ermordet unten - was würde DAS für ein Bild abgeben. Ja, apropos BILD - sie stellte sich vor, was dort zu lesen wäre:

Familiendrama - Frau, im von innen abgeschlossenen Schlafzimmer aufgefunden. Ihre Kinder ein Stockwerk tiefer, lagen ermordet in ihren Betten. Warum hat sich die Mutter in ihrem Schlafzimmer eingeschlossen? Hätte sie das Drama verhindern können?

OH NEIN...  Schlagzeilen, die ihr ganz und gar nicht gefallen - dann lieber ein Dreifachmord, bei dem sie heroisch um das Leben ihrer Kinder und ihr eigenes gekämpft hatte. Es wäre schliesslich auch noch ein Sieg über ihre Angst. Ihr Mann sollte nach ihrem Tode noch stolz auf sie sein und sagen können: "Wie tapfer sie war...!" Sam sah ihren Mann weinend am Grabe stehen, mit weißen Rosen in der Hand - sie liebte weiße Rosen. "Mein Gott, ist das traurig..." dachte Sam und Tränen des Mitleids rannen über ihre Wangen. 

Es war stockdunkel - sie getraute sich nicht das Licht anzumachen. Sie schlich über den Flur und kam am Telefon vorbei. "Der Schwiegervater...", schoss es ihr durch den Kopf. Sie mochte ihn nicht, und er mochte sie nicht. Er würde ihr sicher in dieser Not helfen und sie wählte seine Nummer. Er wohnte nicht allzuweit weg, in einem kleinen Häuschen am Waldrand. Er war Jäger. Er könnte sicher schnell bei ihnen sein. Sie hörte, wie er mürrisch seinen Namen nannte und flüsterte aufgeregt ins Telefon:"Es sind MÖRDER im Haus. Komm schnell." Obwohl sie kaum hörbar ins Telefon flüsterte, schaute sie sich ängstlich um. Sie hoffte inständig, dass der Mörder sie nicht gehört hatte und hoffte noch inständiger, dass ihr Schwiegervater keine Zeit verstreichen liess, um ihnen zu Hilfe zu kommen.

"NEIN - wie soll er nur ins Haus kommen? Ich habe alle Türen abgeschlossen. Er weiß ja nicht, dass die Garage offen ist. Oh, nein - er wird zu spät kommen. Es wird um Sekunden zu spät sein, nur weil ich alles abgeschlossen habe."
Die Angst wuchs. Sie war noch kein Stück weiter gekommen und ihre lieben Kinder schliefen ohne etwas von der Gefahr zu ahnen... Sie konnte nun keine Zeit mehr verstreichen lassen.

Mit kleinen vorsichtigen Schritten stieg sie die Treppe hinab und ihre Hand glitt über die Wand um sich zu halten.

Es war still - beängstigend still.

Sie hörte ihren Atem, flach und zitternd.

Ein Rascheln.

Eine Bewegung. 

Ihre Hand drückte auf den Lichtschalter, den sie in diesem Moment fühlte.

Da stand er - erstarrt durch den grellen Lichtschein.

Sam stand ihm gegenüber.

Im selben Moment flog die Türe auf und Sams Schwiegervater stob herein - zu allem bereit - sein Jagdgewehr in der Hand und den Hund an der Leine.

In Sekundenschnelle löste sich die Erstarrung von Sam und ihrem vermeintlichen Mörder. Mit einer Kehrtwendung ergriff er die Flucht. Als ob der Hund einen Startschuss gehört hatte, riss er sich von der Leine, um die Verfolgungsjagd aufzunehmen -  ein Jagdhund ist und bleibt ein Jagdhund..

... vorallem dann, wenn ein MÖRDER eigentlich ein MARDER ist.

(c)Bea ... nach einer wahren Begebenheit

Beatrice 03.05.2005, 17.29

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Kommentare zu diesem Beitrag

3. von Nicole

Einfach genial :D !

vom 10.05.2005, 05.12
2. von Susi

Bea Agatha Hitchcock Christie lässt grüssen :)

vom 03.05.2005, 21.46
1. von Sunny

Puuuuh, mir ist schier das Herz stehen geblieben, liebe Bea. Sicher hätte ich auch wie Sam reagiert. Irgendwie hab ich mich in ihrem Gedankengang wieder gefunden ;)

Tolle Story - super geschrieben ... oder mit anderen Worten, einfach marderisch :) ))

Schönen Abend wünscht dir Andrea :)

vom 03.05.2005, 18.41

Hallo und willkommen auf meinem Gedankensprudler. Seit 2002 fuehre ich dieses Blog, das prall gefuellt ist, mit allem was mir Freude bereitet, mich bewegt und inspiriert - frei nach dem Motto "Life is about using the whole box of crayons".

Ich freue mich auf deine Buchung eines Happy Painting! Malkurses!

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